Woraus schöpfe ich Kraft? Wo kann ich meine Sehnsucht stillen, heil zu sein?
Ich schöpfe Kraft aus den Beziehungen zu Menschen. Ich schöpfe auch Kraft aus Orten, die zu mir sprechen und die mich zu mir selbst führen, die mich in mir ruhen lassen. Ich möchte einige dieser Orte, die mir wichtig sind, in den kommenden Wochen vorstellen.
Ich lade euch und Sie ein, auch eure Orte, die euch wichtig sind, die Kraftspender sind, vorzustellen.
Ein Foto, ein Text, ein Video, was auch immer: Einfach senden an seelsorge(at)abtei-gymnasium.de
Auch eure Kraftorte werden auf die Homepage gestellt.
... mit der Gebetskette
→ 2. KRAFTORT: DER KRIECHALTAR als Fotostrecke (bitte ein Foto anklicken)
In Sonsbeck – in der Nähe von Xanten – gibt es eine kleine Besonderheit. In der Wallfahrtskapelle St. Gerebernus befindet sich ein Kriechaltar, also ein Altar mit einem Gang, den man nur kriechend durchqueren kann. Viele Menschen sind früher durch den Altar gekrochen, weil sie sich Heilung von Gicht, Lähmung oder Epilepsie erhofften. Durchkriechen oder durchschlüpfen durch enge Gänge oder Löcher ist ein ganz alter Brauch, den die Kirche übernommen hat.
Wenn ich durch den Altar krieche, habe ich verschiedene Gedanken:
Wer auch mal durch den Altar kriechen möchte, findet unter folgendem Link nähere Informationen.
Am Karsamstag vor einer Woche konnte ich die Situation, in der wir uns seit dem Ausbruch des Virus befinden, für mich in Worte fassen. Das Wüten des Virus ist ja sicher keine Strafe Gottes und es ist bestimmt auch kein Fingerzeig Gottes, sondern es ist erstmal sinnlos. Es ist etwas, dem ich mich nicht entziehen kann, ich selbst kann darüber nicht verfügen. Es ist eine Situation, die ich schlicht aushalten muss. Eben Karsamstag: die Zeit zwischen Karfreitag und Ostern, die ertragen werden muss. Und so habe ich auf meinem Status bei WhatsApp am Karsamstag nur das Wort „Aushalten“ geschrieben.
Aushalten – Ertragen dessen, das ich nicht ändern kann. Das verbietet jeden billigen Trost. Aushalten muss ich auch das Schweigen Gottes.
Ich finde mich gut wieder in einem Lied von Huub Oosterhuis im Gotteslob, dem katholischen Gesangbuch: „Ich steh vor dir mit leeren Händen Herr.“ Es ist ein Lied, das Gott Fragen stellt, das ihn herausfordert: In der ersten Strophe mit der Frage: mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen? Diese Frage stellt sich in unserer Situation in vielen Ländern für viele Menschen ganz dringend: Mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen? Und in der zweiten Strophe eine andere Frage: Hast du mit Namen mich in deine Hand, in dein Erbarmen fest mich eingeschrieben? Und ich könnte ergänzen: Nun sag doch, hast du oder hast du nicht?
Das Lied bietet keinen billigen Trost: Es ist ein Lied für die, die aushalten müssen. Und so endet es auch mit einer Aufforderung an Gott: Sprich du das Wort, das tröstet und befreit. Eine Hoffnung, die das Aushalten vielleicht möglich macht.
Hermann-Josef Grünhage, Schulseelsorger